Als ich über den Inhalt dieses Textes nachdachte, tauchte sofort ein Bild in meinem Kopf auf. Das Internet ist ein Ozean, in dem man alles finden kann, und manchmal finden wir sogar hochwertige Inhalte, wie die Ikone der kleinen Gottesgebärerin Maria.
Die Ikone ist eine einfache Darstellung, bereits der modernen bildenden Kunst ähnlich, und obwohl ich ihren Autor nicht ausfindig machen konnte, hat sie etwas, das das Wesen unserer und der Mutter Jesu, Mariä, vereint. Auf der Ikone sehen wir Maria im Alter von etwa sieben Jahren, gekleidet in ein hellblaues Kleid und mit einem Schleier/Schal auf dem Kopf. Schon als Kind umstrahlte ein Heiligenschein ihr Haupt. Sie schreitet selbstbewusst in Richtung Tempel, begleitet von einer erwachsenen männlichen Figur, von der wir nur das Gewand sehen können. Wir können annehmen, dass es ihr Vater Joachim war. Diese männliche Figur hat einen Stab und steht ihr gegenüber, als wolle sie ihr den Weg weisen. Maria hat ein für ihr Alter ernstes Gesicht und blickt nach oben.
Ob sie auf ein großes Gebäude, wie es der Tempel in Jerusalem war, blickt oder nicht, wissen wir nicht. Wahrscheinlicher ist, dass sie über die Mauern hinaus in die Nähe Gottes blickt. Sie geht dem Bräutigam entgegen. Ihre Seele sehnt sich danach, unsere Seele zu berühren, sodass wir gemeinsam zum Bräutigam gehen. Sie möchte Gott nicht für sich behalten, sondern wünscht, dass auch andere ihn „haben“, denn sie weiß, dass er ohnehin nicht zu halten ist. Maria ist keineswegs das naive, vertrauensselige Kind, das nicht weiß, was das Böse und die Sünde sind. Der Ernst ihres Gesichts zeigt, dass sie mit all dem vertraut ist. Doch sie lässt sich nicht verwirren. Wie in ihrem „Meine Seele preist die Größe des Herrn“ weiß sie, dass es Menschen voll „Hochmut“ und „Mächtige“ auf dieser Welt gibt. Dennoch, sie geht zu Gott.
Schauen wir uns ihr Leben etwas früher an. Sie war ein junges Mädchen, eine Jungfrau, Josefs Braut und Jesu Mutter. Sie war still und dachte in ihrem Herzen über die Worte nach, die sie mit der Klarheit des Brüllens einer Löwin an Jesus richtete. Wir stellen sie uns gerne als zärtliche Mutter vor, identifizieren sie mit Bildern, wie sie Jesus in ihrem Schoß hält, weil wir uns selbst gerne vorstellen möchten, dass sich jemand unser ganzes Leben lang um uns kümmert, so wie es eine Mutter tut: ganz und unaufhaltsam. Das können wir aber nicht immer. Damit Maria für uns eine wahre Mutter sein kann, müssen wir auch ihre anderen Seiten kennenlernen, so wie die starke, die mutige. Wie damals, als sie auf den Kopf einer Schlange tritt. Sie ist nicht nur eine Fürsorgerin, die sich bei Gefahr zurückzieht. Im Gegenteil, sie ist die Königin der himmlischen Schar, aller Engel und auch deines Schutzengels. Und selbst wenn wir „in finsterer Schlucht wandern“ müssten, bleibt ihre Anwesenheit fest wie ein Wasserfall, so fest wie damals, als sie ihr „Ja“, ihr „Ich glaube“ zu Gott sagte.
Wir können uns unter ihrem Mantel bergen, müssen es aber auch nicht, denn wo wir gehen, geht auch sie. Jesus hat sie erhoben, mit sich gezogen, so können wir es sagen. Er zog sie mit sich, nicht nur deshalb, weil sie ohne Erbsünde geboren wurde, auch nicht nur deshalb, weil sie seine Mutter war.
Er zog sie mit, damit sie stets in unserem Leben anwesend bleiben konnte, im Licht und im Schatten. Er zog sie mit, weil sie klein blieb. Nicht gedemütigt oder unreif, sondern einfach, aufrichtig, in ihrem Vertrauen zu ihm. Damit sie uns als Mutter der Hoffnung, Weg bleiben konnte, dass auch wir eines Tages in Gottes Gemeinschaft gelangen, was wir schon jetzt fühlen, durch die Liebe der Nächsten und durch die Sakramente der Kirche.
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