Der Papst empfing im Apostolischen Palast die Teilnehmer des Studientreffens, das dem Diener Gottes Kardinal Merry del Val gewidmet war. Er bekleidete verschiedene Positionen in der vatikanischen Diplomatie und wurde von Papst Pius X. zum Staatssekretär ernannt. Sein Beispiel lehrt, dass diejenigen, die in der Kirche dienen, nicht zulassen, dass ihre eigene Stimme überwiegt, sondern dass die Wahrheit Christi verkündet wird.
„Ein wahrer Diplomat der Begegnung“ –
mit diesen Worten beschrieb Papst Leo XIV. Rafael Merry del Val, einen Diener Gottes, der seine diplomatische Laufbahn schon in jungen Jahren begann, als er in den Dienst Leos XIII. berufen wurde, um sensible Themen zu behandeln. Im Jahr 1903 ernannte ihn Pius X. im Alter von 38 Jahren zum Kardinal und erwählte ihn zu seinem Staatssekretär – so der Heilige Vater.
Litanei der Demut
Merry del Val war nicht nur ein Diplomat am Schreibtisch – betonte Papst Leo XIV. –, sondern auch ein Hirte, der den Menschen nahestand, die ihn als Vater und Freund betrachteten. In Rom war er unter den Kindern und Jugendlichen von Trastevere sehr präsent, die er katechisierte, ihnen die Beichte abnahm und sie liebevoll begleitete, sagte der Papst und befasste sich unter Verweis auf die vom Kardinal verfasste Litanei der Demut, die den Geist offenbart, in dem er sein Amt ausübte, mit jenen Anrufungen, die – wie er sagte -, ein gültiges Beispiel für alle darstellen, die Verantwortung in Kirche und Welt tragen, insbesondere für Diplomaten des Heiligen Stuhls.
„Vom Wunsch, gelobt zu werden ... befreie mich, Herr!“ Der Wunsch nach Anerkennung ist eine ständige Versuchung für diejenigen, die Verantwortung tragen. Kardinal Merry del Val kannte dies aus erster Hand, da seine Ernennungen ihn in den Mittelpunkt weltlicher Aufmerksamkeit stellten. Doch tief in seinem Gebet betete er darum, vom Beifall verschont zu bleiben. Er wusste, dass der einzige wahre Triumph darin besteht, jeden Tag sagen zu können: „Herr, ich bin dort, wo du mich haben willst, und tue, was du mir heute anvertraust.“ Gerade diese stille Treue, unsichtbar für die Augen der Welt, ist das, was bleibt und Früchte trägt.
Die Wahrheit Christi
Die Anrufung „Vom Wunsch, um Rat gefragt zu werden … befreie mich, o Herr!“ erinnert an die wichtigen Aufgaben, die Merry del Val hatte, der sich als notwendig empfinden konnte – sagte der Papst. Im Gegenteil, von ihm lernen wir, dass die Rolle des Diplomaten darin besteht, zu bewirken, dass Gottes Wille durch den Petrusdienst verwirklicht wird, jenseits persönlicher Interessen.
Wer in der Kirche dient, versucht nicht, seine eigene Stimme durchzusetzen, sondern die Wahrheit Christi sprechen zu lassen. Und in diesem Verzicht entdeckte er die Freiheit des wahren Dieners.
Freiheit des Dienstes
Als der Kardinal nach dem Tod von Pius X. andere Aufgaben übernahm, bemühte er sich, dem Heiligen Stuhl weiterhin treu zu dienen, mit der Gelassenheit eines Menschen, der weiß, dass jeder Dienst in der Kirche wertvoll ist, wenn er für Christus gelebt wird. Dies zeigte, dass sein Weg ein Weg der Weihe war – erwähnte der Papst und betonte:
Wahre Autorität beruht nicht auf Positionen oder Titeln, sondern auf der Freiheit des Dienens, auch weit weg vom Rampenlicht (vgl. Mt 23,11). Und wer keine Angst davor hat, an Sichtbarkeit zu verlieren, erlangt Verfügbarkeit für Gott.
Wer mit Jesus vereint ist, trägt Frucht.
Er strebte danach, seine Mission in Treue zum Evangelium und Freiheit des Geistes zu leben – ergänzte der Papst und präzisierte, dass sich Merry del Val nicht vom Wunsch zu gefallen leiten ließ, sondern von der Wahrheit, stets getragen von der Liebe. Er verstand, dass die Fruchtbarkeit des christlichen Lebens nicht von menschlicher Zustimmung abhängt, sondern von der Beharrlichkeit derer, die, mit Christus vereint wie die Rebe mit dem Weinstock, zur rechten Zeit Frucht bringen.
Die Ausbildung von Kardinal Merry del Val
In seiner Ansprache sprach Papst Leo XIV. auch über den Werdegang des Kardinals. „Geboren am 10. Oktober 1865 in London als Sohn eines spanischen Diplomaten und einer englischsprachigen Mutter, genoss er eine kosmopolitische Kindheit, die ihn von klein auf an verschiedene Sprachen und Kulturen gewöhnte. Er wuchs in einer Weltanschauung auf, die er später als Berufung der Kirche erkannte. Diese Erziehung bereitete ihn darauf vor, in einer von großen Herausforderungen geprägten Zeit ein gelehriges Werkzeug im diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls zu sein“, sagte der Papst und fügte hinzu: „Als Student der heutigen Päpstlichen Diplomatenakademie, deren Präsident er später war, verstand er – und gab durch sein Beispiel weiter –, dass die Diplomatie der Kirche gedeiht, wenn sie in priesterlicher Treue gelebt wird.“
Die Logik des Evangeliums: Einheit und Gemeinschaft
Um das Leben von Merry del Val zusammenzufassen, verwies der Papst auf sein bischöfliches Motto „Da mihi animas, cetera tolle“ („Gib mir Seelen, nimm den Rest“), welches er als einzige Inschrift auf seinem Grab wünschte, das sich heute in der Krypta des Petersdoms befindet, sowie auf das Schlussgebet der Litanei der Demut: „Mögen andere heiliger sein als ich, damit ich so heilig werde, wie ich kann.“
Hier wird der Schatz des christlichen Lebens hervorgehoben: Heiligkeit wird nicht durch Vergleiche gemessen, sondern durch Gemeinschaft. Der Kardinal verstand, dass wir nach unserer eigenen Heiligkeit streben und gleichzeitig die der anderen fördern müssen, indem wir gemeinsam auf Christus zugehen (vgl. 1 Thess 3,1; 12-13). Das ist die Logik des Evangeliums und muss auch die Logik der päpstlichen Diplomatie sein: Einheit und Gemeinschaft im Wissen, dass jeder dazu berufen ist, so heilig wie möglich zu sein.
Dienst und Demut
Und schließlich rief der Papst die Jungfrau Maria an, die Rafael Merry del Val mit kindlicher Zuneigung liebte, dass sie unsere Familien, die Diplomaten des Heiligen Stuhls und alle, die in der Kirche dienen, lehre, die Wahrheit und die Nächstenliebe, die Klugheit und die Kühnheit, den Dienst und die Demut zu vereinen, damit in allem nur Christus strahlt."
Foto: Lola Gomez/CNS photo/KNA